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Fehlende gesundheitliche Eignung des Beamten auf Probe,
keine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit?

Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2013

Im Jahr 2013 ergab sich eine wichtige Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Frage,

welcher Maßstab anzulegen ist, wenn die gesundheitliche Eignung von Beamten auf Probe zu bewerten ist,
weil ihre Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit ansteht
oder weil der Dienstherr meint, die Nichteignung sei erwiesen und es sei die Entlassung des Beamten auf Probe zu betreiben.


Darüber hinaus hat sich das Bundesverwaltungsgericht zu prozessualen Fragen geäußert.

Wir besprechen diese Rechtsprechung im Rahmen des Themas "Entlassung aus dem Beamtenverhältnis", aber die gleichen Fragestellungen finden Sie auch in dem Bereich "Eignung".


Sie ist auch abgedruckt in NVwZ 2014, 372 ff. und dort finden Sie eine sehr lesenswerte Anmerkung von Herrn Dr. Bernd Wittkowski (S. 376 ff.).


 Es geht um eine Prognose über die weitere gesundheitliche Entwicklung

Die wichtige Richtungsänderung im Hinblick auf die Frage, welcher Maßstab anzulegen ist, wenn die gesundheitliche Eignung von Beamten auf Probe zu bewerten ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in drei Entscheidungen erläutert.
Eine der Entscheidungen betrifft den Fall einer Beamtin auf Probe, die am Ende der Probezeit entlassen werden soll.
Darum geht es hier.


Die gesundheitliche Eignung ist eine Ernennungsvoraussetzung.
Die Dienstherren entscheiden über die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit auf der Grundlage einer Prognose, ob der Beamte / die Beamtin auf Probe der Erwartung entsprechen wird, bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienst zu verrichten.


Bei dieser Prognose gibt es zwei wichtige Parameter:

Der Prognosezeitraum reicht bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze
Unverändert lässt das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zu dem Prognosezeitraum, der sich bei nicht schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerbern bis zum Zeitpunkt des voraussichtlichen Eintritts in den Altersruhestand erstreckt, während bei schwerbehinderten und gleichgestellten Bewerbern kürzere Zeiträume in Betracht kommen.

Der Prognosemaßstab (wie sicher muss die Prognose sein, welche Zweifel genügen für eine Entlassung?) wird von dem Gericht aber ganz neu bestimmt.
Insoweit "hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss.

In diesen Fällen gilt jetzt die Formel aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.13 - 2 C 16.12 -:

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung.

Einem Beamten auf Probe fehlt die gesundheitliche Eignung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit,
wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

Die gesundheitliche Eignung fehlt auch,
wenn er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird (im Anschluss an Urteil vom 25.07.13 - BVerwG 2 C 12.11).

Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist für alle Betroffenen immens wichtig, es ist eine Veränderung zugunsten der betroffenen Beamten auf Probe.

Weisen Sie Ihren Dienstherrn auf diese Entscheidung hin, falls es zu Problemen bei der Ernennung zum Beamten / zur Beamtin auf Lebenszeit oder zu einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe kommt.



Zu den gesetzlichen Grundlagen:

§ 23 Beamtenstatusgesetz, Entlassung durch Verwaltungsakt

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie
1. den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2. nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3. dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4. die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5. nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs.2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,
1. wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2. wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3. wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden.
Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

§ 26 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz:

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann.
In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden.
Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

und, nur selten relevant:
§ 28 Beamtenstatusgesetz  Ruhestand bei Beamtenverhältnis auf Probe

(1) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie infolge Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung, die sie sich ohne grobes Verschulden bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes zugezogen haben, dienstunfähig geworden sind.

(2) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie aus anderen Gründen dienstunfähig geworden sind.

(3) § 26 Abs.1 Satz 3, Abs.2 und 3 sowie § 27 sind entsprechend anzuwenden.


Bundesbeamtengesetz   BBG § 34    
Landesbeamtengesetze   Hamburg § 31 Niedersachsen § 31 Schleswig-Holstein § 31


Die herrschende Rechtsauffassung vor Herbst 2013

Früher galt das Nachfolgende. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2013 sind Entscheidungen wie die folgende überholt. Es gilt jetzt ein anderer Prognosemaßstab.

Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 10.08.04, 1 K 818 / 04

Gericht bestätigt die Entlassung einer Beamtin auf Probe wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung.


Tatbestand

Die Klägerin wurde 1995 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Steueroberinspektorin ernannt. Danach war sie bis Mitte 1999 insgesamt an ca. 300 Arbeitstagen dienstunfähig.
Im Juli 1998 stellte der Amtsarzt fest, die Klägerin sei dienstfähig. Zur Frage der Verbeamtung auf Lebenszeit empfehle er aber eine Verlängerung der Probezeit.
Die Probezeit wurde bis zum 31.07.99 verlängert.
Am 22.07.99 äußerte der Amtsarzt Bedenken gegen die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, weil weitere Arbeitsunfähigkeiten auch in Zukunft nicht auszuschließen seien, da psychisch bedingte Belastungs- und Konfliktsituationen bereits zu einem depressiven Symptomenkomplex geführt hätten.
Eine im August 1999 erstellte Probezeitbeurteilung endete mit dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre fachliche Eignung nicht weiter entwickelt habe. Wesentliche Ursache sei ihr labiler Gesundheitszustand.

Mit Bescheid vom 10.02.00 wurde die Klägerin aus dem Dienst entlassen, da ihre gesundheitliche Eignung nicht habe festgestellt werden können.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass die gesundheitliche Eignung nicht gegeben sei. Die entsprechenden Feststellungen des Amtsarztes würden durch die Fehltage deutlich untermauert.

Den Widerspruch wies das Finanzministerium zurück.

Entscheidungsgründe

Das Gericht hält die Entlassungsverfügung für rechtmäßig:

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 Thüringer Beamtengesetz (ThürBG)  kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
Der Begriff der mangelnden Bewährung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff nur einer eingeschränkten richterlichen Nachprüfung und hängt von einer Vielzahl von Anforderungen des konkreten Aufgabenbereichs ab. Diese Anforderungen zu bestimmen ist Aufgabe des Dienstherrn.
Die Bewährung des Beamten in gesundheitlicher Hinsicht erfordert, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen.
[Anmerkung: dieser Maßstab gilt seit 2013 nicht mehr. Jetzt kommt es darauf an, ob mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine vorzeitige Pensionierung oder lange Fehlzeiten zu erwarten sind.]

[Schon damals galt allerdings, wie auch heute noch:]

Dabei ist der Dienstherr auf Grund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten, die Frage der Bewährung sorgfältig zu prüfen. An die Substanz der in gesundheitlicher Hinsicht bestehenden Eignungszweifel dürfen nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Wird beispielsweise die Entlassung mit einem erhöhten Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit begründet, dann ist für eine Entlassung des Probebeamten erforderlich, dass dieses Risiko deutlich erhöht ist, was wiederum die sorgfältige Ermittlung und abwägende Bewertung der in Betracht kommenden Risiken durch den Dienstherrn erfordert. ...

...

Das Gericht meint, dass der Dienstherr die krankheitsbedingten Ausfälle sowie die medizinischen Stellungnahmen zulässigerweise zur Grundlage für die Prognose gemacht hat, dass der Gesundheitszustand der Klägerin keine Gewähr dafür bietet, dass sie die notwendige gesundheitliche Eignung für das Amt hat.
"Die vorliegenden Tatsachen schließen bei prognostischer Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen der Beamtin und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit nicht aus. Zwar haben offenbar viele der Fehltage ihren Grund in unterschiedlichen Erkrankungen, so dass es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt, welches die negative Prognose rechtfertigt. Andererseits ist aber nicht zu übersehen, dass die Klägerin während der gesamten Probezeit erhöhte Ausfälle hatte und deswegen schon die Probezeit verlängert worden war. Gerade im Jahr 1999 haben sich die Fehlzeiten gehäuft und sind offensichtlich auf eine Erkrankung zurückzuführen, deren Behandlungsende sich nicht abzeichnet."
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Vor Ernennung auf Probe OVG SH 10.01.17
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