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Rückforderung von Bezügen: Die Einrede der Entreicherung und das Kennenmüssen

Wir nehmen an, die Bereicherung sei nicht mehr vorhanden und der Beamte wolle den Einwand der Entreicherung erheben.

Dann muss auch die folgende Bedingung erfüllt sein:

Der Beamte muss gutgläubig (also: ahnungslos) gewesen sein.


Die Unkenntnis davon, dass eine Zahlung ohne rechtlichen Grund gewährt wurde, ist die zweite notwendige Voraussetzung der Einrede der Entreicherung.
Sofern die Bereicherung weggefallen ist, kann der Beamte dies unter gewissen Umständen dem Rückzahlungsanspruch entgegenhalten - § 818 III, 819 BGB und Nr. 12.2.9 VV zum BBesG.

1. Er darf nicht gewusst haben, dass er eine Leistung zu Unrecht erhält,    und
2. diese Unkenntnis darf nicht auf grober Fahrlässigkeit des Beamten beruhen.

Der Gesetzgeber fragt, ob der Beamte die Rechtswidrigkeit der Überzahlung hätte erkennen müssen.
Wer erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass ihm zum Beispiel eine Zulage ohne rechtlichen Grund gewährt wird, der kann sich nicht auf Entreicherung berufen.
Vielmehr hätte er seinen Dienstherrn auf die Überzahlung aufmerksam machen müssen.

Wenn Sie sich noch einmal den an anderer Stelle zitierten § 16 Absatz 2 Landesbesoldungsgesetz Hamburg in Erinnerung rufen, dann erschließt sich Ihnen jetzt vielleicht, in welchem Zusammenhang der Satz steht:

"Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass die Empfängerin oder der Empfänger ihn hätte erkennen müssen."

Der Gesetzgeber führt also ein subjektives Element in die Entscheidung darüber ein, ob der Bereicherte sich auf eine Art Vertrauensschutz berufen kann. Schädlich für seine Position ist es, wenn er die Zusammenhänge erkannt hatte oder sie grob fahrlässig nicht erkannt hat.

Was bedeutet dies im einzelnen? Welche Gedanken muss sich ein Beamter machen, welche Sorgfaltspflichten muss er beachten?
Seine Unkenntnis davon, dass eine nicht gerechtfertigte Überzahlung erfolgte, darf nicht auf grobe Fahrlässigkeit zurück gehen.
Jeder Beamte muss gewisse Sorgfaltspflichten beachten, er muss zum Beispiel Besoldungsmitteilungen überprüfen.
Wo sich die bloße Nachlässigkeit von der groben Fahrlässigkeit scheidet, ist Tatfrage, entscheidet sich also von Fall zu Fall.

Was muss man erkennen?
Das Bundesverwaltungsgericht äußert sich hierzu in einer Entscheidung vom 25.01.01 - 2 A 7/99 -, welche Sie in NVwZ-RR 2001, 452 ff. (Heft 7) finden.

Der Beamte darf seine Besoldungs- oder Versorgungsmitteilungen nicht nur abheften. Soweit ihm dies möglich ist, muss er die einzelnen Beträge und die Berechnung nachvollziehen. Unerklärliche Veränderungen müssen ihn zu Nachfragen bei den zuständigen Stellen veranlassen.
Auf die Auskunft seiner Behörde darf sich der Beamte dann im Regelfall verlassen, was aber in der Praxis oft Probleme bereitet, weil man eben nur einmal kurz ein Telefongespräch führt und sich später - bisweilen nach Jahren - nicht mehr konkret erinnert. Da geht es dann also auch um Beweismöglichkeiten.

Zurück zur Frage, welche Kenntnisse man von einem Beamten verlangt.
Der Beamte muss zum Beispiel wissen, aus welcher Besoldungsgruppe er besoldet wird, welche Dienstaltersstufe er erreicht hat, was ihm an Familienzuschlag zusteht (oder eben nicht zusteht) und ob er Anspruch auf Kindergeld hat.
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